Ob Online-Shop, Affiliate-Marketing, digitale Infoprodukte oder Abo-Modelle – Online-Marketing boomt wie nie zuvor. Doch grade durch diese Tatsache sprießen die Angebote wie Pilze aus dem Boden und es wird immer schwerer, sich von den Mitbewerbern abzugrenzen und aus dem Markt herauszustechen. Ganz besonders zu Beginn werden dabei immer wieder die gleichen Fehler gemacht und bis zu einem gewissen Grad gehören diese auch zum natürlichen und gesunden Wachstumsprozess. Diese typischen Fallstricke zu kennen ist aber trotzdem von Vorteil, denn dann weiß man, dass alles nach Plan verläuft…
Bereits vor dem großen Erfolg trennt sich im Internet die Spreu vom Weizen. Denn kaum eine Herausforderung ist größer als die, als Jungunternehmer im Internet Fuß zu fassen. Trotz all der Euphorie in der Gründungsphase und oft entgegen eines sorgfältig erarbeiteten Businessplans entscheidet am Ende der Markt über Erfolg und Misserfolg. Die besten Geschäftsideen konnten schon mehrfach beim Untergang beobachtet werden, nur um ein paar Jahre später von einem anderen Team neu aufgelegt und zum Erfolg gebracht zu werden. Vergleicht man den Leidensweg der gescheiterten Gründungen, so lassen sich immer wieder die gleichen Fehler feststellen, die wir hier ein wenig genauer betrachten wollen.
1. Mangelnde Recherche:
Viele Geschäftsideen klingen zuerst genial, manchmal zu genial und manchmal scheinen sie so erfolgversprechend, dass man sich unweigerlich fragen sollte, weshalb diese Idee nicht schon längst von jemandem umgesetzt wurde. Ja: sollte… Würde ich nur einen Euro für jeden Jungunternehmer erhalten, der mir von der Idee eines Lieferservice für das Fastfood-Unternehmen mit dem großen gelben Buchstaben berichtet (O-Ton: „In anderen Ländern gibt es das auch…“), hätte ich längst ausgesorgt. Mit etwas Recherche kommt man schnell zu einer Antwort, weshalb es diesen Service nicht hierzulande gibt:
Das deutsche Lebensmittelrech fordert bei Lieferungen frei Haus eine höhere Kerntemperatur der Ware als dies in anderen Ländern der Fall ist. Diese Auflage zu erfüllen ist bei den heutigen Fertigungsprozessen der Fastfood-Kette nicht möglich. Um diesen Punkt zu erfüllen, müssten sämtliche Prozesse und auch die Produkte für Deutschland verändert werden, was in der Systemgastronomie unglaublich kompliziert und teuer wäre. Außerdem würden die Produkte durch die Abweichungen ihren Wiedererkennungswert verlieren. Und übrigens: auch das betreffende Unternehmen hat diese Möglichkeit mehr als ein Mal durchgerechnet, denn wenn es möglich wäre, dann würde es den Lieferservice allein aufbauen. Doch immer lautet das Ergebnis der Kalkulation: zu teuer, zu kompliziert und vor allem nicht profitabel.
Meiner persönlichen Erfahrung nach, lassen sich mindestens 50% der Geschäftsideen aus einem Brainstorming durch sorgfältige Recherche als Rohrkrepierer identifizieren. Dies bewahrt das Gründerteam vor unternehmerischen, persönlichen und finanziellen Tiefschlägen und die zur Verfügung stehenden Ressourcen können deutlich effektiver eingesetzt werden.
Nimm Dir deshalb stets ausreichend Zeit zu Deiner Geschäftsidee zu recherchieren bevor Du größere Summen investierst!
2. Die falsche Domain:
Viele etablierte und erfolgreiche Online-Unternehmen haben einen schmissigen Namen, welcher heute als Marke in der ganzen Welt bekannt ist. Weder „eBay“ noch „Amazon“ oder „Alibaba“ geben durch ihren Namen Aufschluss über die Art des Geschäfts. Im Bestreben, es diesen Unternehmen gleich zu machen, werden zum Teil sehr schöne, zum Teil sehr abstruse Wortschöpfungen ersonnen. Dabei wird vergessen, dass all die zuvor genannten Markennamen bereits seit langem bestehen und das erste Kapitel ihrer Erfolgsgeschichte zu einer Zeit schrieben, als es im Internet noch keine Konkurrenz gab. Diese Zeiten sind vorbei und heute ist es sinnvoller, sich darüber Gedanken zu machen, welche Domain bereits Auskunft darüber gibt, was hier angeboten wird. Nicht nur um dem potenziellen Kunden auf den ersten Blick darüber Auskunft zu geben, was wir ihm eigentlich anbieten, ist der URL-Namen wichtig, auch Google steht auf aussagekräftige Domains.
Mach Dir also weniger Gedanken darüber, wie Dein Markenname sein soll, überlege lieber, welcher Domainname auf den ersten Blick Auskunft über Deine Firma gibt! Die URL „kuechenmaschinen-verkauf-und-verleih.de“ kann sinnvoller sein als eine Wortkreation wie „blend-n-cook.de“.
3. Schlimmes Design:
Nirgends hält sich der Mythos der Eier legenden Woll-Milch-Sau so hartnäckig, wie im Internet. Doch wenn sich ein Leihe dazu hinreißen lässt, das Design seiner Seite selbst zu erstellen, wird der Kunde dies in jedem Fall sehen. Nicht ohne Grund gibt es verschiedene Studiengänge zum Thema. Sicher käme man ohne fundierte Kenntnisse auch nicht auf die Idee, am Automotor herum zu schrauben, einen Menschen am Gehirn zu operieren oder auf der Hauptplatine des Computers herumzulöten. Auch wenn die Zeiten vorbei sind, in denen man noch von einem Studenten für einen Apfel und ein Ei ein professionelles Design erstellen lassen konnte, so ist die Investition in ein professionelles Design in keinem Fall verschwendet. Unprofessionell gestaltete Websites und eine bedienerunfreundliche Menuegestaltung sorgen nicht gerade für Kundenvertrauen und Umsatz.
Deshalb: scheue nicht die Investition in ein professionelles Design! Diese wird sich bereits nach kurzer Zeit amortisiert haben.
4. Suboptimale Bestellabwicklung:
Wer einen Online-Shop o.ä. aufbaut, hat selten eine realistische Idee davon, zu welchen Komplikationen die Abwicklungen führen kann wenn diese nicht von Anfang an professionell geplant wird. Dies beginnt mit der Zahlung und zieht sich bis zum Versand durch das gesamte Unternehmen. Nicht ohne Grund sollte ein guter Businessplan explizit und detailliert auf die Abwicklungs-Logistik eingehen…
Am Anfang eines jeden Geschäfts steht die Frage, wie der Kunde bezahlen möchte. Hier ist es sinnvoll mit einem professionellen Zahlungsanbieter zu arbeiten. Diese sind für die Zahlungsabwicklung und deren Sicherheit verantwortlich, übernehmen zum Teil auch das Mahn- und Reklamations-Wesen und sorgen durch die garantierte Sicherheit für ein höheres Kundenvertrauen.
Der nächste wichtige Punkt ist die Verpackung und der Versand. Viele angehenden Shop-Betreiber sind der Meinung, dass sie „die zwei Bestellungen pro Tag“ bequem in ihrer Freizeit nach der Arbeit in einer Festanstellung abwickeln. Dies mag bei entsprechender Disziplin auch noch möglich sein. Und dennoch: zum Einen beschränkst Du Dich durch ein solches Denken selbst und wirst bewusst oder unbewusst dafür sorgen, dass es auch nicht mehr als maximal diese zwei Bestellungen pro Tag sein werden. Zum Anderen kann es manchmal ganz schnell gehen, dass es deutlich mehr Bestellungen werden, zum Beispiel weil die Presse über Deinen Shop berichtet, ein erfolgreicher Blog von Dir berichtet oder ein Angebot unerwartet gut angenommen wird. Wenn Du Dich nun plötzlich mit hunderten Bestellungen pro Tag konfrontiert siehst und diese nicht mehr zeitnah abarbeiten kannst, wird sich Deine unzuverlässige und langsame Versandabwicklung, die schlechte Verpackung oder der mangelnde Support bei Rückfragen oder Reklamationen schnell rum sprechen und Dir Dein Geschäft ruinieren.
Wir empfehlen deshalb die Zusammenarbeit mit einem seriösen Zahlungsanbieter und halten es für eine Überlegung wert, mit so genannten „Dropshipping-Anbietern“ oder „Streckenhändler“ zusammenzuarbeiten. Diese kümmern sich um Verpackung und Versand ihrer Ware, nachdem Du die eingegangene Bestellung weitergeleitet hast (und dies lässt sich hervorragend automatisieren).
5. Schlechtes oder nicht vorhandenes Online-Marketing:
Werbemaßnahmen im Internet wie Google AdWords oder Werbeanzeigen auf Facebook haben schon lange nicht mehr die Durchschlagskraft, die sie noch vor einigen Jahren hatten. Außerdem kommt es immer häufiger vor, dass Google Anzeigen ablehnt, da die beworbene Website nicht für Google optimiert ist oder dass Facebook Bilder bemängelt, die mehr als 20% Schrift beinhalten. Dies kann sehr ärgerlich sein, viel Zeit fressen und schlechte Laune bei den Unternehmern hinterlassen. Auch ist es inzwischen häufig der Fall, dass man grade zu Beginn mehr für die Werbung ausgibt, als sie einbringt. Deshalb aber gänzlich auf diese Werbekanäle zu verzichten wäre aber der falsche Schluss daraus.
Viele Gründer gehen davon aus, dass früher oder später auch Besucher auf ihre Website kommen werden. Doch handelt es sich nicht um ein Ladengeschäft, an welchem man vorbei läuft und ein gewisser Prozentsatz als Laufkundschaft den Laden betritt. Im Internet gibt es inzwischen über eine Billion (1.000.000.000.000 !!!) Webseiten, davon allein über 14.000.000 Domains mit der Endung „.de“. Diese Zahlen zeigen, dass es mehr als unwahrscheinlich ist, dass ein Kunde durch Zufall auf Deiner Website landet. Ob der zufällige Besucher dann noch kaufbereit ist, steht noch einmal auf einem ganz anderen Blatt.
Auch auf einen Blog sollte heute nicht mehr verzichtet werden, auch wenn es inzwischen zu den meisten Themen bereits ein ganzes Füllhorn an Blogs in jeder Sprache gibt. Wenn Du regelmäßig relevante Blogeinträge erstellst, so wirst Du zum Einen bei Google höher gerankt, zum Anderen bietest Du Lesern einen Grund, über Dich, deinen Blog und Deinen Shop zu berichten – beispielsweise in den sozialen Medien.
6. Schlechte oder fehlende Berater für administrative Themen:
Dieses Thema wird bei vielen Gründungen nicht einmal berücksichtigt. Neben einer guten Fachkraft für das Büro (Sekretärin, Büro-Service etc.) sollten ebenso ein Steuerberater und ein Anwalt von Anfang an im Boot sein.
Sobald die Einkünfte oberhalb der Kleinunternehmerregelung liegen werden die steuerlichen Angelegenheiten so komplex, dass eine kompetente Betreuung einigen Ärger erspart. Viele Jungunternehmer mussten und müssen in die Insolvenz gehen, weil der Fiskus plötzlich horrende Summen an Vorsteuer verlangt oder einen Batzen aus der Kasse nachgezahlt bekommen möchte, der sich darin nicht befindet. Und glaube bitte nicht, dass das Finanzamt mit sich reden lässt, damit der Totalschaden abgewendet wird. Sowohl Privat- wie Geschäftskonten sind ganz schnell gesperrt und der Unternehmer damit zahlungsunfähig.
Ähnliches gilt für eine gute Rechtsberatung. Nicht nur talentfreie Anwälte mahnen heute ganz schnell ab sobald es beispielsweise in den AGB’s oder im Impressum auch nur die kleinste Unregelmäßigkeit gibt. Auch die Konkurrenz schläft nicht und wird unter Umständen geneigt sein, Dich mit diesen Mitteln entweder so beschäftigt zu halten, dass für das exekutive Geschäft kaum noch Ressourcen übrig bleiben oder Dich auf diesem Wege sogar vernichtend zu schlagen. Deshalb sollte von Beginn an ein kompetenter Anwalt dafür sorgen, dass alles vom rechtlichen Standpunkt aus passt.
7. Kompromisse bei der Mitarbeiter- oder Partner-Wahl:
Während der Gründungsphase wird der Unternehmer oder die Unternehmer darauf angewiesen sein, die Personalkosten so wie alle anderen Positionen auf der Ausgaben-Seite so niedrig wie möglich zu halten. Nicht selten führt dieser Umstand dazu, dass zwar weniger qualifizierte aber günstigere Mitarbeiter für das Team ausgesucht werden. Diese Sparpolitik wird sich aber spätestens dann rächen, wenn die Mitarbeiter kurzfristig selbständige Entscheidungen treffen müssen oder Aufgaben anfallen die ein wenig rechts und links des Wegesrandes angesiedelt sind. Außerdem wird ein kompetenter Mitarbeiter in der Regel in der gleichen Zeit mehr leisten können als die günstigere Alternative. Du solltest also niemals an Deinen Mitarbeitern sparen wenn dies zulasten der Qualität geht und keinen noch so kleinen Kompromiss bei der Auswahl Deiner Mitarbeiter eingehen!
Ebenso fatal sind Kompromisse bei der Auswahl der Geschäftspartner. Auf keinen Fall solltest Du den fachfremden und unsympathischen Teilhaber ins Boot holen wenn Dir Dein Bauchgefühl sagt, dass Du diese Entscheidung bereuen wirst. Einige meiner Bekannten aus der Gründerszene empfehlen, mit niemandem eine Partnerschaft einzugehen, mit dem oder mit der man nicht zuvor schon einmal auf anderem Wege erfolgreich gearbeitet hat.
8. Probleme beim Rollenwandel vom Gründer zum Unternehmer:
Wenn das Unternehmen erfolgreich ist und wächst, bleibt es nicht aus das der Gründer (bzw. das Gründerteam) zum Unternehmer werden muss. Der wahrscheinlich bedeutendste Unterschied zwischen diesen Beiden Rollen ist folgender: der Gründer ist häufig eine Fachkraft, die im Unternehmen arbeitet. Der Unternehmer hingegen ist ein Manager der am Unternehmen arbeitet. Künftig kümmert sich der ehemalige Gründer und jetzige Unternehmer nicht mehr um das exekutive Geschäft, sondern er plant und organisiert das Unternehmen.
Viele Unternehmer berichten davon, dass sich dieser Zeitpunkt so anfühlt, als käme man an eine Felsspalte über die man springen müsse, die Gefahr in Kauf nehmend abzustürzen. Doch über einen Abgrund kann man nun einmal nicht mit zwei Sprüngen kommen und auf dieser Seite eingeschüchtert stehen zu bleiben würde Stagnation bedeuten. Die einzige Option die sich für den Fall anbietet, dass Dein Herz am exekutiven Geschäft hängt ist, einen Manager einzustellen, der die Arbeit am Unternehmen für Dich übernimmt.
9. Zu viel auf einmal:
In den meisten Fällen ist es sinnvoll sich auf eine Marktnische zu konzentrieren anstatt für jeden Geschmack ein Produkt und jedes Problem eine Lösung anzubieten. Natürlich kann es schneller langweilig werden wenn man sich auf eine kleine Nische konzentriert, doch zum Einen sollte es bei einer Gründung nicht primär um den Unterhaltungswert gehen, zum Anderen sind 100% der Ressourcen auf einen Bereich konzentriert effektiver als 10 verschiedene Themengebiete, die aber nur 10% so gut bearbeitet werden, als es möglich wäre.
Anbieter wie „Amazon“ oder „eBay“, die auf jeder Hochzeit tanzen, könnten den Ehrgeiz in Dir wecken, es ihnen gleich zu tun. Doch auch diese Unternehmen haben sich zu Beginn nur auf ein einziges Gebiet beschränkt (Bücher oder Auktionen). Erst nachdem sie entsprechend gewachsen sind, haben sie ihr Angebot ausgeweitet. Schau also lieber, welche Marktnischen bisher nur wenig oder vielleicht sogar überhaupt nicht bedient werden und biete Lösungen dafür an!
10. Beginne lean!
Nachdem ich Dir nun diese Punkte genannt habe, mag dieser letzte Punkt widersprüchlich erscheinen. Doch diese Aufforderung ist essentiell: BEGINNE!
Es gibt noch viele weitere Fehler, die es soweit wie möglich zu vermeiden gilt. Womöglich gehe ich zu einem späteren Zeitpunkt auf weitere Punkte ein, doch nun ist es erst einmal an der Zeit endlich loszulegen. Gründer neigen hin und wieder dazu, ihre Idee und ihren Plan so lange zu analysieren und zu verbessern bis ein Mitbewerber auf den Markt kommt und ihnen das Geschäft vor der Nase wegschnappen. Deshalb ist es ratsam gemäß der „Lean Startup-Methode“ möglichst schnell auf den Markt zu kommen und anhand des Feedbacks des Marktes das Produkt anzupassen. Um dabei aber nichts falsch zu machen, möchte ich Dir zum Abschluss noch die folgende Buch-Empfehlung mit auf den Weg geben:
„Lean Startup: Schnell, risikolos und erfolgreich Unternehmen gründen“
Eric Ries, Redline Verlag
ISBN-13: 978-3868815672
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